Durchblick #28: KI im Spannungsfeld von Wissen, Ethik und Verantwortung
Updates für Bildung in einer exponentiellen Welt
Liebe Leser und Leserinnen,
willkommen zum neuen “Durchblick”. Es deutet sich an, dass wir bereits in wenigen Jahren von sehr kompetenten und hilfreichen KI-Assistenten umgeben sein werden. Doch wie wird sich das auf unser Wissen und unsere Entscheidungsfähigkeit auswirken? Werden auch wir dadurch kompetenter werden oder verlieren wir wichtige Fähigkeiten? Und wie stellen wir sicher, dass diese KIs ethisch handeln und uns kein wichtiges Wissen vorenthalten?
Lassen Sie sich inspirieren, heute vom Schwerpunkt “KI-Sprachmodelle: Wissensgewinn oder Wissensverlust?” Haben Sie noch Fragen oder Ideen? Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.
KI-Forscher warnt: Durch Sprachmodelle droht ein "Wissenskollaps" // the-decoder.de, Deutsch
KI-Forscher Andrew J. Peterson warnt vor einem "Wissenskollaps" durch den massiven Einsatz von KI zur Wissensgenerierung und -vermittlung. Dieser Effekt könnte zu einer Homogenisierung und Einschränkung des öffentlich verfügbaren Wissens führen, insbesondere zum Verlust von seltenem oder spezialisiertem "Long-tail"-Wissen. Peterson befürchtet eine Verringerung der den Menschen zur Verfügung stehenden Informationsmenge und eine Einschränkung des "epistemischen Horizonts". In einem Modell zeigt er, dass vornehmlich billige und leicht verfügbare KI-Inhalte den Wissenskollaps begünstigen. Um dem entgegenzuwirken, empfiehlt er, aktiv Nischenwissen zu bewahren, KI-Systeme repräsentativ zu gestalten und rekursive Abhängigkeiten zwischen KI-Systemen zu vermeiden.
Im exponentiellen Zeitalter, in dem KI-Systeme zunehmend zur Wissensgenerierung und -vermittlung eingesetzt werden, ist Petersons Warnung vor einem drohenden "Wissenskollaps" hochrelevant für die Bildung. Bei unreflektierter Weiterentwicklung und Nutzung besteht die Gefahr, dass die Vielfalt unseres Wissens verloren geht und unser Verständnis der Welt auf einen engen, von KI vorgegebenen Rahmen beschränkt wird.
Um dem entgegenzuwirken, muss auch in den Schulen ein bewusster Umgang mit KI-generierten Inhalten gefördert werden. Lernende sollten nicht nur die Antworten der KI hinterfragen, sondern auch deren Beispielhaftigkeit und mögliche Verzerrungen kritisch prüfen. Neugier und eigenständiges Denken müssen gestärkt werden, um auch abseits des Mainstreams nach Wissen zu suchen und ungewöhnliche Perspektiven einzubeziehen.
Gleichzeitig müssen wir als Gesellschaft Anreize schaffen, um die Vielfalt des Wissens zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dazu gehört die Förderung von Nischenwissen ebenso wie die verantwortungsvolle Entwicklung von KI-Systemen, die das gesamte Spektrum des Wissens abbilden.
Wie KI langfristig unsere Entscheidungen beeinflusst // t3n.de, Deutsch
Joe Árvai, Professor für Psychologie am USC Dornsife College, warnt vor den langfristigen Auswirkungen von KI auf die menschliche Entscheidungsfähigkeit. Während KI in vielen Bereichen eine Arbeitserleichterung darstellt, nimmt sie uns gleichzeitig auch Entscheidungen ab. Árvai sieht darin ein großes Problem, da KI eine Blackbox sei und ihr "Denken" für die Anwender:innen nicht ersichtlich ist. Wenn KI-Modelle in Zukunft immer mehr und wichtigere Entscheidungen übernehmen, könnten Menschen auf Dauer selbst diese Fähigkeit verlieren. Árvai argumentiert, dass KI Entscheidungen aufgrund von Algorithmen trifft, die selbst wiederum auf voreingenommenen Entscheidungen von Menschen beruhen.
Analog zur Herausforderung des drohenden Wissenskollapses ist auch die zunehmende Autonomie von KI-Systemen ein wichtiges Bildungsthema. Nicht nur das durch KIs präsentierte Wissen muss ständig kritisch hinterfragt werden, sondern auch die Entscheidungen, die diese KIs mehr und mehr für uns treffen werden.
Dies erfordert ein grundlegendes Verständnis der Stärken und Schwächen von KI -Systemen und ein beständiges Stärken der eigenen Entscheidungsfähigkeit, um nicht in eine blinde Abhängigkeit von KI zu geraten.
Gleichzeitig müssen wir als Gesellschaft Transparenz und Verantwortung bei der Entwicklung von KI-Systemen einfordern. Nur wenn wir verstehen, wie KI "denkt" und entscheidet, können wir ihre Ergebnisse einordnen und hinterfragen.
Sollten KI-Chatbots kontroverse Meinungen vertreten? // t3n.de, Deutsch
Eine Studie von Politikwissenschaftlern der Vanderbilt University hat ergeben, dass KI-Chatbots häufig eingeschränkt sind, wenn es um kontroverse Themen geht. Sie können entweder gar nicht antworten oder vertreten nur eine bestimmte Meinung. Die Experten sehen darin eine Gefährdung der Meinungsfreiheit, insbesondere aufgrund der bedeutenden Marktmacht der Unternehmen hinter den Chatbots. Sie empfehlen, dass die Firmen sicherstellen sollten, dass die Meinungsäußerung durch ihre Chatbots angemessen geschützt und auch die Generierung kontroverser Inhalte ermöglicht wird. Eine zu restriktive Handhabung könnte Nutzer zu extremen Chatbots treiben, die sich beispielsweise auf hasserfüllte Inhalte spezialisieren und zu Echokammern werden.
Auch die Frage, ob KI-Chatbots kontroverse Meinungen vertreten sollten, ist für die Bildung von großer Bedeutung. Einerseits können Chatbots als Werkzeuge dienen, um Lernende mit verschiedenen Perspektiven und Argumenten zu konfrontieren und so kritisches Denken zu fördern. Andererseits besteht die Gefahr, dass eine einseitige oder gar keine Darstellung kontroverser Themen zu einer Verengung des Diskurses führt.
Wir müssen daher einen reflektierten Umgang mit KI-Chatbots fördern und Lernende sollten verstehen, dass auch die Antworten eines Chatbots auf den Entscheidungen der Entwickler beruhen und nicht immer alle Perspektiven abbilden. Es gilt, Chatbots als Ausgangspunkt für weitere Recherchen und Diskussionen zu nutzen, nicht als alleinige Quelle der Wahrheit.
Die Anbieter der Chatbots müssen gleichzeitig angehalten werden, ihre Systeme so zu gestalten, dass sie die Meinungsfreiheit angemessen schützen. Dazu gehört auch, kontroverse Inhalte zuzulassen, solange sie nicht gesetzeswidrig sind. Nur so können wir verhindern, dass Chatbots zu Echokammern werden, die bestimmte Meinungen verstärken und andere ausblenden.
OpenAI veröffentlicht erstmals Richtlinien für KI-Modellverhalten// the-decoder.de, Deutsch
OpenAI hat erstmals die "Model Spec" veröffentlicht, ein Dokument, das gewünschtes Verhalten für KI-Modelle in der OpenAI API und ChatGPT spezifiziert. Damit möchte das Unternehmen eine öffentliche Diskussion darüber anregen, wie sich KI-Modelle verhalten sollen. Die Model Spec enthält Ziele, Regeln und Standardverhalten für die Gestaltung des Modellverhaltens. Ziele geben eine allgemeine Richtung vor, Regeln lösen Konflikte zwischen Zielen und sorgen für Sicherheit und Legalität, während Standards Verhaltensweisen skizzieren, die den Prinzipien entsprechen. OpenAI sieht die Veröffentlichung als Teil einer laufenden Diskussion und lädt die Öffentlichkeit ein, Feedback zu geben. Die Model Spec soll auf Basis des Feedbacks kontinuierlich weiterentwickelt werden.
Die Veröffentlichung der Model Spec durch OpenAI ist ein wichtiger Schritt, um die in den anderen Artikeln aufgeführten Herausforderungen zu adressieren. Indem OpenAI die Öffentlichkeit in die Diskussion einbezieht, wie sich KI-Modelle verhalten sollen, fördert das Unternehmen Transparenz und gesellschaftliche Teilhabe an dieser wichtigen und transformativen Technologie.
Im Bildungskontext ist es wichtig, dass Lernende nicht nur verstehen, wie KI-Systeme funktionieren, sondern auch, welche Werte und Prinzipien ihrer Gestaltung zugrunde liegen. Die Model Spec bietet hier einen wertvollen Einblick und kann als Grundlage für eine kritische Auseinandersetzung mit der Ethik von KI dienen.
Gleichzeitig wirft die Model Spec auch Fragen auf, die durchaus an Schulen diskutiert werden könnten: Wie können wir sicherstellen, dass die Ziele, Regeln und Standards tatsächlich dem Gemeinwohl dienen und nicht einseitig von Unternehmen definiert werden? Und wie können wir die Öffentlichkeit, insbesondere auch unterrepräsentierte Gruppen, in die Gestaltung von KI-Systemen einbeziehen?
Sachsen will als erstes Bundesland Beirat für digitale Ethik schaffen // heise.de, Deutsch
Sachsen plant als erstes Bundesland die Einrichtung eines Beirats für digitale Ethik, der die Landesregierung zu Fragen der Künstlichen Intelligenz beraten und Empfehlungen aussprechen soll. Justizministerin Katja Meier betont die Notwendigkeit, sicherzustellen, dass KI-Anwendungen vertrauenswürdig sind, Diskriminierung vermeiden und die Vielfalt der Gesellschaft abbilden. Gleichzeitig fand in Chemnitz der 3. KI-Kongress des Freistaats statt, wo Best-Practice-Beispiele zur Anwendung von KI vorgestellt wurden. Staatskanzleichef Oliver Schenk sieht KI als strategisch wichtig für Sachsen und betont die Bedeutung des Einsatzes von KI-Anwendungen in Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung. Eine Bitkom-Studie zeigt, dass Unternehmen in KI großes Potenzial sehen, aber auch Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes haben.
Die weiter oben gezeigten Ansätze der KI-Anbieter zur Selbstregulierung sind zwar lobenswert, doch wenn man das Ausmaß der möglichen gesellschaftlichen Auswirkungen betrachtet, dann wird klar, dass eine zusätzliche Regulierung durch staatliche Organe unabdingbar ist. Ansonsten werden wirtschaftliche Interessen regelmäßig die Oberhand gewinnen.
Ein Beirat für digitale Ethik kann hier wertvolle Impulse geben und als Wegbereiter für eine gesellschaftliche Debatte dienen. Indem ethische Fragen frühzeitig und kontinuierlich diskutiert werden, kann nicht nur Vertrauen in die Technologie geschaffen und ihre Akzeptanz gestärkt werden, sondern es können auch Risiken transparent gemacht und ein gesellschaftlicher Konsens dazu erreicht werden.