Durchblick #33: Das Ringen um eine Kultur der Digitalität
Updates für Bildung in einer exponentiellen Welt
Liebe Leser und Leserinnen,
willkommen zum neuen “Durchblick”. Während mit “Digitalisierung” häufig die Einführung von Hardware und Software in zuvor analoge Abläufe gemeint ist, bezeichnet die “Kultur der Digitalität” eher eine Geisteshaltung. Das selbstverständliche Berücksichtigen von digitalen Optionen, wann immer sie Sinn ergeben und die Realisierung, dass jede Technologie immer nur ein Mittel zum Zweck ist. Um dort hinzukommen, ist Digitalisierung nur einer von vielen Bausteinen.
Lassen Sie sich inspirieren, heute vom Schwerpunkt “Schule im Umbruch: Digitalität als Gemeinschaftsaufgabe”. Haben Sie noch Fragen oder Ideen? Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.
Westermann Summit: Vier Thesen, wie Schule zukunftsfähig machen kann // bildungsklick.de
Auf dem Westermann Summit im Berliner Futurium diskutierten mehr als 150 Gäste aus Politik, Wissenschaft, Schulen, Verwaltung, Initiativen und Unternehmen die Zukunft der Bildung mit Fokus auf Medienkompetenz, Future-Skills und Künstliche Intelligenz (KI). Vier Hauptthesen wurden präsentiert:
Schulen müssen Informationskompetenz und Medienbildung fördern, um faktenbasierte Meinungsbildung zu unterstützen.
Schulen sollten sich öffnen und mit Unternehmen kooperieren, um praxisnahe Fähigkeiten zu vermitteln.
Es werden einheitliche Evaluationsmechanismen für EdTech-Produkte benötigt, um Vertrauen zu schaffen.
KI kann Raum für Kreativität und menschliche Kommunikation im Unterricht schaffen.
Der Summit betonte die Notwendigkeit, das Bildungssystem effizienter, personalisierter und kreativer zu gestalten, wobei KI und digitale Technologien als wichtige Werkzeuge dienen können.
Der Westermann Summit zeigt wieder einmal deutlich: Im exponentiellen Zeitalter ist Bildung nicht mehr nur Wissensvermittlung, sondern ein komplexes Ökosystem aus Technologie, Ethik und menschlicher Interaktion. Die wahre Herausforderung liegt darin, dieses Ökosystem so zu gestalten, dass es sowohl den zukünftigen Erwartungen des Arbeitsmarktes gerecht wird, als auch den sozio-emotionalen Anforderungen, die eine sich immer schneller wandelnde Gesellschaft an uns stellt.
Wo generative KI in der Schule sinnvoll ist – und wo nicht // t3n.de
Der Artikel beleuchtet den Einzug von Generativer KI in deutschen Klassenzimmern. Viele Schulen haben Lizenzen für datenschutzkonforme KI-Tools erworben, die in verschiedenen Fächern und Jahrgangsstufen eingesetzt werden können. Doch der praktische Erfahrungsschatz ist noch begrenzt, weshalb Lehrkräfte oft nach dem Prinzip "Trial-and-Error" vorgehen.
Experten sehen in der KI-Integration eine Chance, den Unterricht projektorientierter und kompetenzbasierter zu gestalten. Allerdings besteht noch eine Kluft zwischen technikaffinen Lehrern und jenen, die der KI skeptisch gegenüberstehen. Fortbildungen sind stark nachgefragt, um diese Lücke zu schließen.
Im Unterricht lässt sich generative KI vielfältig nutzen, etwa für Erklärvideos, Personenchats oder das Erstellen von Lerneinheiten. Auch Prüfungen sollen künftig den kritischen Umgang mit KI-Antworten abfragen. An Hochschulen bestehen noch rechtliche und technische Hürden, doch KI-basierte Lernplattformen und Tutorensysteme bieten großes Potenzial für individualisiertes Lernen.
Kritiker mahnen an, dass trotz der Faszination für KI grundlegende Probleme wie Lehrkräftemangel und marode Schulgebäude nicht vernachlässigt werden dürfen. Auch Bildungsgerechtigkeit müsse gewährleistet sein. KI sei ein wichtiges Werkzeug, doch Persönlichkeitsentwicklung erfordere mehr als Digitalität.
Die im Artikel geschilderten Erfahrungen machen klar, dass für die Nutzung von KI im Unterricht vor allem eine wichtige Herausforderung gemeistert werden muss: die Qualifikation der Lehrkräfte.
Wir dürfen außerdem nicht vergessen, dass Bildung mehr ist als Technologie. Die Mahnung, trotz der Faszination für KI die analogen Grundlagen nicht zu vernachlässigen, ist berechtigt. Marode Schulen und fehlende Lehrkräfte lassen sich nicht ohne Weiteres weg digitalisieren. Und auch Werte- und Persönlichkeitsbildung erfordern zwischenmenschliche Interaktion. Doch die Lehrkräfte müssen sich bewusst machen, dass sich ihre Rolle in den nächsten Jahren grundlegend verändern wird, und dass auch sie wieder zu den Lernenden gehören werden.
Schüler vor Smartphones schützen? Unnötig – sagt der Deutsche Lehrerverband // news4teachers.de
In der aktuellen Debatte um ein mögliches Handyverbot an Schulen bezieht der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll, eine klare Position: Er hält ein Verbot für unnötig. Stattdessen plädiert er dafür, Schülerinnen und Schüler im Unterricht zu einem bewussten Umgang mit Smartphones anzuleiten.
Düll argumentiert, dass Jugendliche durchaus reflektiert mit den Geräten umgehen und sich für eine achtsame Mediennutzung interessieren. Viele hätten bereits negative Erfahrungen mit verstörenden Inhalten, Falschbehauptungen oder Cybermobbing gemacht. Hier sieht Düll die Schulen in der Pflicht, diese Themen im Unterricht aufzugreifen.
Ein Handyverbot hält der Verbandschef für wenig zielführend, da es Probleme wie digitales Mobbing kaum löse. Stattdessen müssten Lehrkräfte zeigen, wie sich die Geräte sinnvoll nutzen lassen. Auch die Eltern sieht Düll in der Verantwortung, einen bewussten Umgang mit Technik vorzuleben. Allerdings sei es schwierig, gerade diejenigen Eltern zu erreichen, die hier Unterstützung bräuchten.
Wir halten die Position von Stefan Düll für richtig, denn das Smartphone ist für die heutige Jugend ein Dreh- und Angelpunkt, der nicht ignoriert werden kann. Viele der Ansätze, die notwendig sind, um moderne Bildung zu ermöglichen, werden auf Smartphones oder ähnlichen Geräten basieren. Eine aktive Einbindung in den Unterricht ist aus unserer Sicht unumgänglich. Wichtig wird dann vor allem sein, den verantwortungsvollen Umgang mit diesen Geräten zu erlernen. Und das erfordert nicht nur entsprechende Kompetenzen bei den Lehrkräften, sondern auch bei den Eltern. Eine Herausforderung, die weit über “Schule” als Institution hinausgeht.
Was wir benötigen ist eine gesamtgesellschaftliche Bildungsoffensive, die in der Kita beginnt, sich in der Schule fortsetzen und auch Eltern und Arbeitnehmer einbezieht. Nur wenn wir Bildung im exponentiellen Zeitalter als lebenslange Aufgabe begreifen, können wir die Chancen der Digitalisierung nutzen und ihre Risiken minimieren.
Studie zum Digitaltag: Viele fühlen sich in Digitalisierung abgehängt // heise.de
Anlässlich des bundesweiten Digitaltags am 7. Juni, der einen niedrigschwelligen Zugang zur Digitalisierung fördern soll, zeigte eine Bitkom-Studie, dass sich viele Menschen in Deutschland digital abgehängt fühlen. 63 Prozent sehen die Gesellschaft digital gespalten, 34 Prozent haben Angst vor der Digitalisierung und 44 Prozent befürchten, mit der technischen Entwicklung nicht Schritt halten zu können.
Gleichzeitig stehen 86 Prozent der Digitalisierung grundsätzlich positiv gegenüber, und zwar über alle Altersgruppen hinweg. Viele sehen digitale Technologien als Erleichterung im Alltag, gehen aber auch davon aus, dass fehlende digitale Kompetenzen zunehmend zum Problem werden.
Vertreter von Politik und Verbänden betonen die Chancen der Digitalisierung, etwa für die Verwaltung, sehen aber auch Aufklärungsbedarf. Transparenz, Qualität und Vertrauen seien wichtige Voraussetzungen, um Menschen zur Nutzung digitaler Angebote zu ermutigen. Dabei spielen auch Ehrenamtliche eine wichtige Rolle, wie die Preisträger des Preises für digitales Miteinander zeigen.
Eines muss man sich bewusst machen: Dieselben Menschen, die hier ihre Bedenken äußern und sich abgehängt fühlen, müssen gleichzeitig die nächste Generation auf eine immer digitalere Zukunft vorbereiten. Egal, ob als Lehrkraft an Bildungseinrichtungen oder als Eltern in den eigenen vier Wänden.
Ein Dilemma, das deutlich vor Augen führt, dass wir Bildung grundsätzlich neu denken müssen. Lernende benötigen verstärkt Kompetenzen, die sie in die Lage versetzen, sich eigenständig weiterzubilden und Informationen richtig zu beurteilen. Die dazu verfügbaren Werkzeuge werden immer mächtiger werden. Aber man muss sie zu nutzen wissen.
KMK fordert Verhandlungsabschluss zum DigitalPakt Schule 2.0 // bildungsklick.de
Die Kultusministerkonferenz (KMK) drängt auf einen schnellen Abschluss der Verhandlungen zum DigitalPakt Schule 2.0 mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Verzögerungen im Verhandlungsprozess, insbesondere aufgrund zusätzlicher Forderungen des BMBF, sorgen bei den Kultusministerinnen und -ministern der Länder für Besorgnis.
Die KMK betont die Bedeutung des DigitalPakts 2.0 für die Verbesserung der Bildungsgerechtigkeit und -qualität in Deutschland. Die Länder fordern Planungssicherheit für Schulen und Schulträger sowie eine verlässliche und dauerhafte Unterstützung durch den Bund. Der digitale Wandel wird als kontinuierliche Aufgabe gesehen, die zukunfts- und wettbewerbsfähige Bildung erfordert.
Die Länder drängen auf einen Verhandlungsabschluss, um den DigitalPakt 2.0 zum 1. Januar 2025 starten zu können. Sie fordern die Bundesregierung auf, ab 2025 jährlich mindestens 1,3 Milliarden Euro bereitzustellen, um die digitale Bildungsinfrastruktur kontinuierlich zu finanzieren und weiterzuentwickeln.
Die digitale Infrastruktur ist ohne Zweifel das notwendige Fundament, auf dem eine Kultur der Digitalität erst entstehen kann. Und doch würden wir uns wünschen, dass in der Diskussion nicht nur das Fundament in den Vordergrund gestellt wird, sondern auch die tragenden Säulen und darüber liegenden Stockwerke. Denn ein Fundament alleine ist unbewohnbar.
Eine dieser Säulen ist die Befähigung der Lehrkräfte. Tablets und KI-Anwendungen helfen nichts, wenn die Lehrkraft sie nicht sinnvoll in den Unterricht einzubinden weiß. Und auch die Vermittlung von Medienkompetenz und sozio-emotionalen Zukunftskompetenzen setzt eine entsprechende Vermittlungskompetenz beim Lehrenden voraus. Und zu guter Letzt bedeutet eine Kultur der Digitalität auch, dass im richtigen Moment auf den Einsatz von digitalen Werkzeugen verzichtet wird. Denn sie sind am Ende nur ein Mittel zum Zweck.
Bleibt zu hoffen, dass im zweiten Anlauf des DigitalPaktes Hardware, Software, Wartung und (Zeit für) Schulungen Hand in Hand gehen werden.