Durchblick #35: Bildung neu denken – Kreativität, Inklusion und Wohlbefinden
Updates für Bildung in einer exponentiellen Welt
Liebe Leser und Leserinnen,
willkommen zum neuen “Durchblick”. Es herrscht ein breiter Konsens darüber, dass Kreativität, Resilienz und Anpassungsfähigkeit, aber auch sozial-emotionale Fähigkeiten, die wesentlichen Kompetenzen sind, die unsere Kinder im exponentiellen Zeitalter benötigen. Können wir erwarten, dass all dies in der Schule vermittelt wird?
Lassen Sie sich inspirieren, heute vom Schwerpunkt “Zukunftskompetenzen als Gemeinschaftsaufgabe”. Haben Sie noch Fragen oder Ideen? Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.
KI als kreativer Partner: Kinder brauchen Hilfe im Umgang mit generativer KI // the-decoder.de
Eine Studie der Universitäten Washington und Michigan untersuchte, wie Kinder im Alter von 7 bis 13 Jahren generative KI-Tools für kreative Aufgaben nutzen. Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder oft Schwierigkeiten haben, die kreativen Möglichkeiten von KI-Tools intuitiv zu erfassen und Unterstützung benötigen. Frustrationen entstanden durch nicht erfüllte Erwartungen, zu formelle Sprache der KI-Systeme und mangelndes Domänenwissen der KI. Ethische Überlegungen spielten ebenfalls eine Rolle, insbesondere bei persönlichen, kreativen Projekten. Die Forscher schlagen Anpassungen der KI-Tools an die Bedürfnisse von Kindern vor und sehen Potenzial darin, KI als konstruktivistisches Werkzeug einzusetzen, um das Verständnis von Kreativität und KI zu entwickeln.
Kinder wachsen in einer Welt auf, in der KI zunehmend präsent ist und kreative Prozesse beeinflusst. Es ist daher wichtig, dass sie lernen, diese Technologien als Werkzeuge zu begreifen und zu nutzen, anstatt sie als Ersatz für eigene Kreativität zu sehen.
Die Frustration der Kinder über die Grenzen der KI-Systeme zeigt, dass es wichtig ist, realistische Erwartungen zu vermitteln und die Funktionsweise der Tools transparent zu machen. Gleichzeitig müssen die Systeme an die Bedürfnisse und Fähigkeiten von Kindern angepasst werden, um eine altersgerechte Nutzung zu ermöglichen.
Besonders spannend sind die ethischen Überlegungen der Kinder. Sie zeigen, dass schon in jungem Alter ein Bewusstsein für die Auswirkungen von KI auf zwischenmenschliche Beziehungen und Authentizität vorhanden ist. Diese Reflexionsfähigkeit gilt es in Zukunft zu fördern und in den Bildungsprozess einzubeziehen.
PISA-Studie: Jugendliche in Deutschland beim kreativen Denken im Mittelfeld // bildungsklick.de
Die jüngste PISA-Studie untersuchte erstmals die Fähigkeit zum kreativen Denken bei 15-Jährigen in Deutschland. Die Ergebnisse zeigen, dass die Jugendlichen im Durchschnitt genauso gut kreativ denken können wie ihre Altersgenossen in den OECD-Staaten. 27 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Deutschland verfügen über besonders gute Voraussetzungen für die Berufswelt, während 22 Prozent kaum in der Lage sind, kreative Lösungen zu entwickeln. Die Studie zeigt einen starken Zusammenhang zwischen kreativem Denken und den Kernkompetenzen in Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften. Mädchen schneiden besser ab als Jungen, was jedoch hauptsächlich auf ihre größere Lesekompetenz zurückzuführen ist. Laut Prof. Doris Lewalter, Leiterin des deutschen Teils der PISA-Studie, kann kreatives Denken gefördert werden, indem Lehrkräfte in allen Fächern offen für unterschiedliche Ideen sind und vermeintlich falsche Lösungsansätze gemeinsam weiterentwickeln.
Eine spannende Erkenntnis ist aus unserer Sicht der starke Zusammenhang zwischen kreativem Denken und den Kernkompetenzen in Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften. Es zeigt, dass die Förderung dieser Fähigkeiten Hand in Hand gehen sollte. Kreatives Denken ist keine isolierte Kompetenz, sondern eng mit dem Erwerb von Wissen und Fähigkeiten in verschiedenen Bereichen verknüpft.
Im exponentiellen Zeitalter wird es zunehmend darauf ankommen, Probleme auf neue und innovative Weise zu lösen. Die Fähigkeit zum kreativen Denken wird dabei zu einer Schlüsselkompetenz, die es Jugendlichen ermöglicht, sich in einer sich schnell verändernden Welt zurechtzufinden und aktiv an der Gestaltung ihrer Zukunft mitzuwirken.
Wie Eltern wissenschaftliches Denken von Kindern prägen // bildungsklick.de
Eine Studie unter der Leitung von Christopher Osterhaus, Juniorprofessor für Entwicklungspsychologie an der Universität Vechta, zeigt erstmals, wie stark Eltern das wissenschaftliche Denken ihrer Kinder beeinflussen. Über einen Zeitraum von fünf Jahren wurden 161 Grundschulkinder im Alter von 6 bis 10 Jahren untersucht. Die Ergebnisse belegen, dass die Vorstellungen der Eltern über Wissen sich darauf auswirken, wie gut ihre Kinder wissenschaftlich denken. Dieser Einfluss war selbst dann noch nachweisbar, wenn die Bildung der Eltern und die kognitiven Fähigkeiten der Kinder berücksichtigt wurden. Die Studie deutet darauf hin, dass die Schule nicht in dem Maße ausgleichend zum Elternhaus wirkt, wie allgemein angenommen wird. Osterhaus betont die Bedeutung eines unterstützenden Umfelds zu Hause, um die wissenschaftlichen Denkfähigkeiten von Kindern zu stärken. Die Forschung zielt darauf ab, Bildungspraktiken und Förderprogramme zu optimieren.
Mit der zunehmenden Proliferation KI-generierter Inhalte wird systematisches Analysieren, Bilden von Hypothesen und Interpretieren von Daten immer relevanter. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Förderung dieser Fähigkeiten nicht allein Aufgabe der Bildungseinrichtungen ist. Eltern und Erziehungsberechtigte spielen eine entscheidende Rolle.
Dies bedeutet, dass die Bildung im exponentiellen Zeitalter nicht an der Schultür enden darf. Es braucht eine enge Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Bildungseinrichtungen. Vielleicht sollten wir uns ein Beispiel am Bildungssystem in Singapur nehmen, wo Eltern aktiv in den Schulalltag eingebunden und an Elternakademien weitergebildet werden.
„Je inklusiver der Unterricht, desto mehr sozio-emotionale Kompetenzen finden wir vor“ // news4teachers.de
Eine spanisch-finnische Studie unter der Leitung von Vicente J. Llorent, Mariano Núñez-Flores und Markus Kaakinen untersuchte den Zusammenhang zwischen der inklusiven Einstellung von Lehrkräften und den sozio-emotionalen Kompetenzen ihrer Schülerinnen und Schüler. Dazu befragten sie 3.550 Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I sowie 294 Lehrerinnen und Lehrer aus 40 verschiedenen Schulen in und um die spanische Stadt Córdoba. Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen positiven Zusammenhang: Je inklusiver der Unterricht, desto höher sind die sozio-emotionalen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler in den Bereichen Selbstbewusstsein, Selbstmanagement, Selbstmotivation, soziales Bewusstsein, prosoziales Verhalten und verantwortungsbewusste Entscheidungsfindung. Die Forscher argumentieren, dass die Förderung dieser Kompetenzen durch einen inklusiven Unterricht auch der Prävention von antisozialen Verhaltensweisen wie Mobbing, Cybermobbing, Cyberhass und Cybergewalt dienen kann.
Die rasanten technologischen Veränderungen und eine zunehmend komplexer werdende Welt, machen Fähigkeiten wie Selbstbewusstsein, Selbstmanagement, soziales Bewusstsein und verantwortungsbewusste Entscheidungsfindung immer wichtiger.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Lehrkräfte durch einen inklusiven Unterricht einen entscheidenden Beitrag zur Förderung dieser Kompetenzen leisten können. Indem sie eine Lernumgebung schaffen, die auf Wertschätzung, Respekt und Teilhabe ausgerichtet ist, ermöglichen sie es Schülerinnen und Schülern, ihre sozio-emotionalen Fähigkeiten zu entwickeln und zu stärken. Doch dafür muss den Lehrkräften sowohl die notwendige Zeit, als auch ein geeignetes Umfeld zur Verfügung gestellt werden. Dass dies oft nicht der Fall ist, zeigt der nächste Artikel.
Warum viele Kinder von der Schule so erschöpft sind // deutsches-schulportal.de
In ihrem Artikel beschreibt Lehrerin Sabine Czerny, wie viele Schülerinnen und Schüler unter Erschöpfung leiden. Sie sieht die Ursachen dafür in zu kleinen Räumen, zu wenig Bewegung und fehlenden Rückzugsorten in der Schule. Die heutigen Lehrpläne seien wesentlich umfangreicher als früher, während die Pausen zu kurz seien, um sich wirklich zu erholen. In den oft beengten Klassenzimmern sei es schwierig, Bewegungspausen oder flexibles Lernen zu ermöglichen. Zudem gebe es keine Orte, an denen Kinder einmal für sich sein könnten, da sie ständig beaufsichtigt werden müssten. Czerny beobachtet, dass viele Kinder ihre innere Lebendigkeit und Fröhlichkeit verlieren und erschöpft wirken. Sie warnt, dass die Kombination aus hohen Leistungsanforderungen, fehlender Unterstützung und schlechten Rahmenbedingungen auf Dauer zu sinkenden Leistungen, zunehmender Aggression und mehr psychischen und körperlichen Krankheiten führen wird.
Die von Czerny beschriebenen Probleme wie zu kleine Räume, fehlende Bewegung und mangelnde Rückzugsorte sind nicht nur eine Frage des Wohlbefindens, sondern haben direkte Auswirkungen auf die Lernfähigkeit und die psychische Gesundheit der Schülerinnen und Schüler. Wenn Kinder erschöpft und überfordert sind, können sie ihr volles Potenzial nicht entfalten und werden sich mit Sicherheit auch keine der gewünschten neuen Kompetenzen aneignen.
Es ist daher dringend notwendig, das Bildungssystem an die Bedürfnisse einer sich rasant verändernden Welt anzupassen. Dazu gehört nicht nur eine Überarbeitung der Lehrpläne und Unterrichtsmethoden, sondern auch eine Neugestaltung der Lernumgebungen. Schulen müssen zu Orten werden, an denen Kinder sich wohlfühlen, bewegen und entfalten können. Sie brauchen Räume, die flexibles Lernen ermöglichen, und Rückzugsorte, an denen sie zur Ruhe kommen und neue Kraft schöpfen können.
Insgesamt dürfte deutlich geworden sein, dass die Lehrkräfte alleine unsere Kinder nicht auf das exponentielle Zeitalter vorbereiten können. Dafür bedarf es auch einer grundlegenden Transformation des Bildungssystems und einer starken Einbeziehung der Elternhäuser.
Neuigkeiten und Termine
17.07.2024 // Lehrerfortbildung Künstliche Intelligenz
Schulartübergreifende Fortbildung in der Stadthalle Freistett09.07.2024 // Willkommen im Exponentiellen Zeitalter
Netzwerkveranstaltung in Baden-Baden01.07.2024 // Klausurtagung des Regierungspräsidiums Freiburg
Vortrag und Workshop über 2 Tage