Durchblick #38: KI im Arbeitsmarkt – Zwischen Effizienzsteigerung und Jobverlust
Updates für Bildung in einer exponentiellen Welt
Liebe Leser und Leserinnen,
willkommen zum neuen “Durchblick”. Vor einem Vierteljahr hatten wir schon einmal einen Blick auf den Arbeitsmarkt geworfen. Und das werden wir in regelmäßigen Abständen auch weiterhin tun. Wie stark ist die KI-Durchdringung inzwischen und worauf müssen zukünftige Arbeitnehmer vorbereitet werden?
Lassen Sie sich inspirieren, heute vom Schwerpunkt “Überzogene Erwartungen in den Chef-Etagen?” Haben Sie noch Fragen oder Ideen? Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.
Entwickler sind von KI nicht begeistert, ihre Manager schon // heise.de
Eine Studie von Atlassian zeigt, dass die meisten Softwareentwickler bisher keine wesentliche Produktivitätssteigerung durch KI-Tools sehen, während ihre Manager überzeugt sind, dass KI die Produktivität erhöht. Für die Zukunft sind Entwickler allerdings etwas optimistischer. Ineffizienzen wie technische Schulden und schlechte Dokumentation führen aktuell zu Produktivitätsverlusten, was durch KI weiter optimiert werden könnte. Die Rolle von Softwareentwicklern ist außerdem komplexer geworden, was auf fehlendes Personal, neue Aufgaben und Techniken sowie Probleme bei der Zusammenarbeit im Team zurückzuführen ist.
Gerade im Bereich der Softwareentwicklung gibt es immer wieder erstaunliche Beispiele, in denen aktuelle KI-Modelle mit einem einfachen Befehl dazu gebracht werden, vollständige Spiele wie Pong, Snakes oder Tetris zu programmieren. Doch die Studie zeigt, dass dies noch nicht ohne weiteres auf komplexere Anwendungsfälle übertragbar ist.
Interessant ist auch, dass Manager zukünftig neben KI auf bessere Collaboration Tools, mehr Raum für Experimente und bessere Entscheidungsprozesse setzen wollen. Hier geht es also vor allem um kommunikative, kreative und planerische Fähigkeiten, ganz unabhängig davon, ob diese dann mit oder ohne KI-Unterstützung genutzt werden. Da sollten Bildungseinrichtungen hellhörig werden.
Wegen KI: Chefs erwarten viel mehr, Mitarbeitende wissen nicht wie // the-decoder.de
Eine Umfrage des Upwork Research Institute zeigt, dass sich viele Mitarbeitende durch die von Führungskräften geforderte Nutzung von KI-Tools überfordert fühlen. 81 Prozent der Führungskräfte geben an, dass sie im vergangenen Jahr die Anforderungen an die Mitarbeitenden erhöht haben. Obwohl die Führungsetage erwartet, dass generative KI die Produktivität steigern wird, hat die Technologie ihr Versprechen bisher nicht eingelöst. Gründe dafür sind unter anderem der Aufwand für die Kontrolle der KI-Ergebnisse und das Erlernen der Tools. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass entweder die heutige generative KI die Produktivitätsanforderungen noch nicht erfüllen kann oder die Mitarbeitenden nicht ausreichend mit der Technologie vertraut sind.
Die KI-Marketingmaschine läuft auf Hochtouren und kann bei den Führungskräften offensichtlich bereits Erfolge verbuchen. Und das beschränkt sich nicht alleine auf die Softwarebranche. Doch eine Realisierung der versprochenen Effizienzgewinne gestaltet sich schwierig.
Wie heißt es in dem Artikel so schön: “Einfach einen Chatbot mit der Aufforderung ‘Mach mal’ einzuführen, reicht nicht aus. Unternehmen sollten vielmehr konkrete Arbeitsschritte identifizieren, die mit generativer KI gelöst werden sollen, die Anwendung für diesen Fall optimieren und dann den Einsatz von KI Schritt für Schritt ausweiten.” Eine Empfehlung, die wir auch für den Bildungseinsatz nur bekräftigen können.
Fakt ist aber auch, dass zukünftige Generationen von Arbeitnehmern bereits während ihrer Schulkarriere mit den gängigen Tools in Berührung gebracht werden müssen. Denn eine effektive Nutzung dieser neuen Möglichkeiten erfordert unter Umständen eine vollkommen neue Herangehensweise an Problemstellungen, die erst erlernt werden muss.
Mango setzt auf KI-Models // golem.de
Mango hat eine Werbekampagne mit KI-generierten Models für eine Teenagerkollektion gestartet. Dabei wurden Kleidungsstücke fotografiert und ein KI-Modell trainiert, um die Bilder auf künstlich generierten Models zu platzieren. Ziel ist es, Kosten für Fotografen, Models und den Produktionsprozess zu senken. Experten sehen sowohl Chancen als auch Risiken in diesem Ansatz. Einerseits ermöglicht KI eine schnellere und personalisierte Kundenansprache, andererseits besteht die Gefahr, unrealistische Schönheitsideale zu fördern und die Authentizität zu beeinträchtigen.
Wieder einmal zeigt sich, dass der konkrete Einsatz von KI im kreativen Bereich (Bilder, Videos, Texte, Musik) bereits deutlich fortgeschrittener ist als im Büroalltag und bei komplexen, planerischen Aufgaben. Hier muss bereits jetzt mit einem deutlich veränderten Arbeitsmarkt gerechnet werden und die berufsorientierende Begleitung an den Schulen muss entsprechend reagieren und aufklären.
Synchronsprecher streiken für Schutz vor KI // golem.de
Die Gewerkschaft SAG-AFTRA hat Synchronsprecher in der nordamerikanischen Spielebranche zum Streik aufgerufen, nachdem Verhandlungen mit Unternehmen wie Take Two, Electronic Arts und WB Games gescheitert sind. Hauptstreitpunkt ist der Einsatz von KI anstelle menschlicher Stimmen. Die Gewerkschaft möchte verhindern, dass ihre Mitglieder durch computergenerierte Stimmen ersetzt werden. Der Streik könnte zu Verzögerungen bei laufenden Projekten wie GTA 6 führen, da Synchronaufnahmen ein wichtiger Teil der Fertigstellung von Spielen sind. Auch in der Film- und Serienbranche ist der Einsatz von KI ein großes Thema, da die Technologie immer besser wird.
Nachdem in der Vergangenheit bereits Schauspieler und Drehbuchautoren um ihre Jobs gekämpft haben und auch erfolgreiche Einigungen erzielen konnten, setzt sich dieser Arbeitskampf nun an anderer Stelle fort. Auch in dieser Branche werden neue Jobs entstehen, aber es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass auch viele wegfallen werden. Der technologische Fortschritt lässt sich durch Verträge nur bedingt bremsen.
Umso wichtiger ist es darum, dass unsere Kinder bereits in der Schule eine Routine entwickeln im Umgang mit KI-gestützten Arbeitsabläufen und eine Übersicht erhalten über die breiten Anwendungsmöglichkeiten, Chancen und Risiken in unterschiedlichem Kontext. Die Frage “Wie wird mein heutiger Traumjob in 5–10 Jahren aussehen und welche Fähigkeiten werden gefragt sein?” ist relevanter denn je.
Warum Sam Altman eine Studie zum Grundeinkommen finanziert hat – und was dabei herauskam // t3n.de
Sam Altman, CEO von OpenAI, hat ein dreijähriges Forschungsprojekt zum bedingungslosen Grundeinkommen mitfinanziert. 1.000 einkommensschwache Teilnehmer:innen erhielten monatlich 1.000 Dollar zusätzlich, während eine Kontrollgruppe 50 Dollar bekam. Die Ergebnisse zeigen, dass das Grundeinkommen den Menschen vor allem Flexibilität ermöglichte. Sie reduzierten ihre Arbeitszeit nur geringfügig und gaben das Geld hauptsächlich für lebensnotwendige Dinge aus. Zudem wurden sie zukunftsorientierter und verbesserten ihre finanzielle Planung. Allerdings gab es keine direkten Beweise für eine verbesserte Gesundheitsversorgung oder langfristige Verbesserungen der physischen und psychischen Gesundheit.
Es ist sicher kein Zufall, dass einer der führenden Köpfe der KI-Branche eine Studie zu bedingungslosem Grundeinkommen finanziert. In welchem Ausmaß künstliche Intelligenz Jobs ersetzen wird, ohne neue zu schaffen, ist aktuell nur schwer einzuschätzen. Aber es wird bereits über Lösungsoptionen nachgedacht.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte die Gehaltslücke füllen, die unter Umständen durch KI verursacht wird. Vorausgesetzt, man findet realistische Finanzierungsmöglichkeiten. Eine häufig diskutierte Option wäre die KI- oder Robotersteuer, die von den betreffenden Unternehmen anstelle eines Gehaltes an die Gesellschaft ausgezahlt wird.
Doch besser ist es natürlich, gar nicht erst in die Abhängigkeit eines bedingungslosen Grundeinkommens zu kommen. Und hier sehen wir die Bildungseinrichtungen in der Pflicht, die die nächsten Generationen von Berufsanfängern mit den richtigen Kompetenzen ausstatten müssen.
Viel Zeit für ein Umdenken bleibt nicht, denn die Veränderung kann sehr schnell gehen. Noch vor zwei Jahren wäre es undenkbar gewesen, ein computergeneriertes Model für eine globale Modekampagne zu nutzen. Und auch die Gewerkschaften hatten KI da noch nicht auf ihrem Radar.