Durchblick #39: Werden KI-Tutoren den Unterricht von morgen prägen?
Updates für Bildung in einer exponentiellen Welt
Liebe Leser und Leserinnen,
willkommen zum neuen “Durchblick”. KI-Tutoren werden als mögliche Weiterentwicklung von Intelligenten Tutoriellen Systemen (ITS) heiß diskutiert. Sie versprechen, den aktuellen Wissensstand und die Fähigkeiten des Lernenden kontinuierlich zu analysieren und individuell zugeschnittene Lerninhalte bereitzustellen. Gleichzeitig hat die Lehrkraft jederzeit Zugriff auf den individuellen Kompetenzstand der Schüler.
Das klingt toll, aber wie weit ist die Entwicklung inzwischen fortgeschritten und wann hat jede Lehrkraft Zugriff darauf? Lassen Sie sich inspirieren, heute vom Schwerpunkt “KI-Tutoren” Haben Sie noch Fragen oder Ideen? Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.
Einsatz von KI-Tutoren an Schulen: Personalisierte Nachhilfe per Smartphone? // news4teachers.de
Andreas Schwarz, Fraktionschef der Grünen im baden-württembergischen Landtag, forderte bereits im Mai den Einsatz von KI-Tutoren an Schulen. Diese sollen Schüler bei Hausaufgaben unterstützen und Lernlücken schließen. Der KI-Tutor soll per Smartphone zugänglich sein und individuell helfen, indem er Aufgaben analysiert und Lösungswege aufzeigt. Schwarz sieht darin eine Chance, die Bildungsgerechtigkeit zu stärken, da besonders schwächere Schüler davon profitieren könnten. Er fordert, dass der Datenschutz dem Einsatz nicht im Weg stehen dürfe. Der Landesdatenschutzbeauftragte hält den Einsatz unter bestimmten Voraussetzungen für möglich, solange keine personenbezogenen Daten übertragen werden.
Die Idee, KI-Tutoren als personalisierte Lernbegleiter einzusetzen, spiegelt den Paradigmenwechsel wider, den wir in der Bildung erleben. Es ist ein Schritt weg vom "One-size-fits-all"-Ansatz hin zu einer individualisierten, adaptiven Lernumgebung.
Allerdings wirft dieser Vorschlag auch wichtige Fragen auf: Wie gestalten wir das Zusammenspiel zwischen menschlichen Lehrern und KI-Tutoren? Wie stellen wir sicher, dass die Technologie die zwischenmenschlichen Aspekte des Lernens ergänzt, statt sie zu ersetzen? Und wie motivieren wir sowohl Lehrkräfte als auch Schüler, sich auf diese Veränderung einzulassen?
Wenn sich Wissen und Technologie weiter exponentiell entwickeln, könnte der KI-Tutor ein Wegbereiter für lebenslanges, selbstgesteuertes Lernen sein. Die Herausforderung liegt darin, die etablierten Lernumgebungen entsprechend anzupassen.
Immer mehr Länder verbieten Smartphones an Schulen // heise.de
Immer mehr EU-Länder verbieten Smartphones an Schulen, um die Konzentration der Schüler zu fördern und sie vor negativen Einflüssen zu schützen. Belgien hat kürzlich ein solches Verbot für Grund- und weiterführende Schulen beschlossen. In Deutschland gibt es aufgrund des föderalen Systems keine einheitlichen Regeln, obwohl Experten zumindest für Grundschulen ein Verbot befürworten. Vorreiter sind Frankreich und Italien, die schon seit Jahren Handyverbote an Schulen haben. Auch Großbritannien und Dänemark empfehlen den Schulen, Smartphones aus dem Unterricht zu verbannen. Einige Länder setzen auf Kompromisse wie "Handy-Hotels" oder festgelegte handyfreie Tage.
Betrachtet man diese Schlagzeile im Kontext des vorhergehenden Artikels, dann wird schnell klar, dass hier zwei unterschiedliche Strömungen aufeinandertreffen, die dringend vereint werden müssen.
Denn die Einführung von KI-Tutoren als ständige, individuelle Lernbegleiter erfordert unter Umständen auch die Nutzung des eigenen Smartphones oder Tablets. Hier muss ein tragfähiger Kompromiss gefunden werden, der sowohl die befürchtete Ablenkung durch eigene Geräte, als auch die Chancen einer individuellen Lernbegleitung durch KI berücksichtigt.
KI-Tools im Praxischeck – Wie Schule und Wissenschaft kooperieren // deutsches-schulportal.de
In einer Kooperation zwischen der Grundschule Bogenstraße in Solingen und der Universität Jena wurde ein KI-Tool im Unterricht erprobt. Die Zusammenarbeit ist Teil des Projekts "Trialog Bildung 2035" der Robert Bosch Stiftung, das Akteure aus Wissenschaft, Praxis und Verwaltung bei der Erprobung digitaler Tools vernetzt. Die Schule testete "fiete.ai", ein Tool, das individuelles Feedback für Schüler bei Schreibaufgaben verspricht. Die Auswertung zeigte, dass das Tool vor allem leistungsstärkere Schüler unterstützt, während leistungsschwächere Schüler mit dem textlastigen Feedback überfordert waren. Von der Schule wird das Tool dennoch als nützlich für die Differenzierung im Unterricht angesehen. Eine endgültige Entscheidung über den Kauf einer Lizenz steht noch aus. Der Austausch zwischen Schule und Universität erwies sich als wertvoll und soll fortgesetzt werden.
Der Bericht zeigt, dass der KI-Einsatz an Schulen noch in den Kinderschuhen steckt. Um die erwarteten Ergebnisse zu erzielen und eines Tages wirksame KI-Tutoren im Unterricht einsetzen zu können, die vor allem auch leistungsschwächere Kinder unterstützen, ist noch viel Feinschliff notwendig.
Dennoch ist die Kooperation ein gutes Beispiel dafür, wie Bildungsinnovation im exponentiellen Zeitalter gestaltet werden kann. Durch die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis können digitale Tools gezielt auf ihre Wirksamkeit und Anwendbarkeit im Unterricht geprüft werden. Dies schafft Sicherheit für Lehrkräfte und Schulen bei der Auswahl geeigneter Tools und ermöglicht eine evidenzbasierte Integration digitaler Technologien in den Unterricht.
Schulfach Informatik: Ja, aber richtig! // bildungsklick.de
Der Informatiklehrkräfteverband Baden-Württemberg (ILLBW) und der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) begrüßen die Pläne der Landesregierung, Informatik künftig durchgehend zu unterrichten. Sie kritisieren jedoch die geplante Vermischung der Leitperspektive Medienbildung mit dem Fach Informatik in einem neuen Fach "Medienbildung/Informatik" von Klasse 7 bis 11. Stattdessen fordern sie, dass Informatik als eigenständiges Fach wie Chemie oder Physik behandelt und von Klasse 5 bis 11 unterrichtet wird. Medienbildung sollte als Querschnittsaufgabe von allen Fächern umgesetzt werden. Die Verbände argumentieren, dass Informatik eine eigenständige Fachwissenschaft sei und die Vermischung mit Medienbildung unangemessen wäre. Ein Start des Fachs Informatik bereits in Klasse 5 sei wichtig, um rechtzeitig informatische Grundlagen zu vermitteln und insbesondere Mädchen nicht zu benachteiligen.
Dass Informatik nicht schon lange deutschlandweit verpflichtend unterrichtet wird, ist ein Versäumnis, das mit Sicherheit zum aktuell angeprangerten “Digital Skills Gap” beigetragen hat. Umso wichtiger, dass endlich ein Umdenken stattfindet. Doch wird unserer Ansicht nach immer noch zu kurz gedacht: Wo bleibt das verpflichtende Fortbildungscurriculum Informatik für Lehrer und Schulleitungen?
Für die Schüler wird das Fach Informatik benötigt, um einen klar definierten Rahmen für die Vermittlung der dringend notwendigen Technologie- und KI-Kompetenzen zu bieten. Aber auch Lehrkräfte und Schulleitungen benötigen Unterstützung bei der Beurteilung und notwendigen Adaption neuer technologischer Konzepte. Denn die Einführung und Unterrichtsintegration von neuen Technologien und KI-Tutoren erfordert neue Kenntnisse, die erst erworben werden müssen. Mit ein oder zwei Tagen Fortbildung im Jahr wird das nicht zu erreichen sein.
Von künstlicher Intelligenz und künstlich intelligentem Lernen // heise.de
Der Artikel befasst sich mit der Rolle von künstlicher Intelligenz im Hochschulstudium. Während KI-Tools wie ChatGPT bereits von Studierenden genutzt werden, um Aufgaben zu erleichtern und zu variieren, scheinen viele Hochschulen und Dozenten hauptsächlich auf das Problem des unfairen Vorteils bei Prüfungen und Abschlussarbeiten fokussiert zu sein. Der Autor argumentiert, dass diese Herangehensweise das Potenzial von KI verschwendet und stattdessen eine aktive Auseinandersetzung mit der Technologie erforderlich ist. Hochschulen sollten Studierende ermutigen, KI kritisch zu nutzen und dabei unterstützen, die Grenzen und Fehlbarkeit der Technik zu erkennen. Konkrete Beispiele in Vorlesungen und Raum für Diskussionen seien hilfreich, um einen zielführenden Einsatz von KI zu vermitteln. Zudem müsse die Frage der Chancengleichheit berücksichtigt werden, indem Universitäten selbst moderne KI-Tools und Rechenleistung bereitstellen. Der Autor plädiert dafür, alte Prüfungskonzepte mit neuen Ideen zu verbinden, anstatt einfach mehr Klausuren einzuführen. Insgesamt sei es an der Zeit, das Neuland der generativen KI gemeinsam zu erkunden.
Die hier geäußerte Kritik an den Hochschulen lässt sich ohne Weiteres auf das gesamte Bildungssystem übertragen. Der Siegeszug von KI erfordert viel mehr als nur eine Diskussion über den Einsatz bei Prüfungen und Abschlussarbeiten. Es geht um die grundsätzliche Frage, wie wir in einer Welt, die zunehmend von KI geprägt ist, lernen und lehren.
Lernende müssen aktiv dabei unterstützt werden, KI kritisch und zielführend zu nutzen. Das erfordert Offenheit, Neugier, Veränderungsbereitschaft und das Aneignen neuer Kompetenzen bei allen Beteiligten. Es wird vermutlich noch einige Jahre dauern, bis KI-Tutoren wirklich nutzbar sind. Aber sie werden kommen und wir müssen bereits heute beginnen, uns mit den möglichen Implikationen auseinanderzusetzen.