Durchblick #45: Schultransformation ganz ohne KI?
Updates für Bildung in einer exponentiellen Welt
Liebe Leser und Leserinnen,
willkommen zum neuen “Durchblick”. Am zweiten Oktober wurde wie in jedem Jahr der deutsche Schulpreis verliehen. Ausgezeichnet wurden sechs Schulen mit besonders erfolgreichen pädagogischen Ansätzen. Was macht diese Schulen aus? Haben sie bereits alles erfolgreich auf KI umgestellt, oder spielt KI vielleicht gar keine große Rolle? Und was können zukünftige Arbeitgeber von ihnen lernen?
Lassen Sie sich inspirieren, heute vom Schwerpunkt “Erfolgreiche Transformation – Sechs Schulen von denen wir alle lernen können”. Haben Sie noch Fragen oder Ideen? Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.
Warum eine Förderschule für ihren Unterricht den Deutschen Schulpreis erhält // news4teachers.de
Die Siebengebirgsschule, eine Förderschule in Bonn, hat den Deutschen Schulpreis 2024 und ein Preisgeld von 100.000 EUR gewonnen. Die Schule zeichnet sich durch ein innovatives Konzept aus, bei dem der klassische Unterricht weitgehend abgeschafft wurde. Stattdessen lernen die rund 250 Schülerinnen und Schüler selbstständig in Lernateliers, Kreativwerkstätten und einer Study Hall. Es gibt keine festen Stundenpläne, sondern individuelle Arbeitspläne und Lernziele. Die Lehrkräfte begleiten die Lernenden individuell. Die Jury zeigte sich beeindruckt von der konsequenten Umsetzung des eigenverantwortlichen Lernens und der Stärkenorientierung. Bundeskanzler Olaf Scholz betonte bei der Preisverleihung am 2. Oktober die Bedeutung von Schulen für das gesellschaftliche Miteinander. Fünf weitere Schulen aus Berlin und Nordrhein-Westfalen wurden ebenfalls ausgezeichnet und erhielten je 30.000 EUR.
Die Auszeichnung der Siebengebirgsschule mit dem Deutschen Schulpreis 2024 zeigt eindrucksvoll, wie Bildung im exponentiellen Zeitalter neu gedacht werden kann – auch innerhalb des “starren” deutschen Schulsystems.
Dabei muss KI gar nicht im Vordergrund stehen. Es geht um den pädagogischen Ansatz. Das Konzept der Siebengebirgsschule setzt auf Eigenverantwortung, individuelle Förderung und die Entfaltung persönlicher Stärken. Durch den Verzicht auf starre Stundenpläne und die Schaffung inspirierender Lernumgebungen ermöglicht die Schule ein selbstbestimmtes und kreativitätsförderndes Lernen. Die Schülerinnen und Schüler werden zu aktiven Gestaltern ihrer Bildungsbiografie und entwickeln Fähigkeiten wie Selbstorganisation, Problemlösungskompetenz und Lernmotivation – Schlüsselqualifikationen für das 21. Jahrhundert. Das Erlangen der wichtigen KI-Kompetenzen erfolgt da fast im Vorbeigehen.
Freies Lernen, Coaching, intensive Beziehungsarbeit: Was preiswürdige Schulen ausmacht // news4teachers.de
Der Deutsche Schulpreis wurde in diesem Jahr an sechs Schulen verliehen – zwei aus Berlin und vier aus Nordrhein-Westfalen. Die ausgezeichneten Schulen zeichnen sich durch innovative pädagogische Konzepte aus, die selbst gesteuertes Lernen, intensive Beziehungsarbeit und individuelle Förderung in den Mittelpunkt stellen.
Die Friedenauer Gemeinschaftsschule in Berlin fördert trotz heterogener Schülerschaft die individuellen Lernwege und setzt auf kompetenzorientierte Rückmeldungen statt Noten. Das Thomas-Morus-Gymnasium in Oelde ermöglicht nachhaltige Bildungsprozesse durch projektförmiges Lernen und fächerübergreifende Ansätze. An der Wilhelm-von-Humboldt-Gemeinschaftsschule in Berlin lernen die Schülerinnen und Schüler jahrgangsgemischt und fächerübergreifend bis zum Abitur, wobei Empowerment und Beziehungsarbeit eine wichtige Rolle spielen.
Das Joseph-DuMont-Berufskolleg in Köln setzt auf selbstorganisiertes, praxisnahes Lernen und ein schulweites Coachingangebot. Am St.-Pius-Gymnasium in Coesfeld wird eigenverantwortliches Lernen durch konstruktive Unterstützung und stärkenorientierte Angebote gefördert.
Insgesamt zeigen die prämierten Schulen, wie innovative Pädagogik die Schülerinnen und Schüler ganzheitlich fördert und auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet.
Wir empfehlen dringend, sich die kurzen Videos zu jeder Schule im Artikel anzuschauen! Die prämierten Schulen zeigen eindrucksvoll, wie selbstgesteuertes Lernen, individuelle Förderung und intensive Beziehungsarbeit dazu beitragen können, die Potenziale jedes einzelnen Kindes und Jugendlichen zu entfalten.
Die Beispiele machen deutlich, dass Bildung im exponentiellen Zeitalter mehr sein muss als die reine Vermittlung von Wissen. Es geht darum, Schülerinnen und Schüler zu befähigen, selbstbestimmt zu lernen, ihre Stärken zu entdecken und zu entwickeln und mit Freude und Neugier die Welt zu erkunden. Dafür braucht es Schulen, die mutig neue Wege gehen, Lehrkräfte, die sich als Lernbegleiter verstehen, und eine Pädagogik, die das Kind in den Mittelpunkt stellt.
Besonders bemerkenswert ist, dass die ausgezeichneten Schulen trotz heterogener Schülerschaft und unterschiedlicher Herausforderungen wie Sprachbarrieren oder sonderpädagogischem Förderbedarf erfolgreich sind. Sie zeigen, dass Inklusion und individuelle Förderung keine Widersprüche sind, sondern Hand in Hand gehen können.
Digitalisierung der Schulen ohne Plan? Wissenschaftler legen Orientierungsrahmen für eine gelingende Transformation vor // news4teachers.de
Das Forum Bildung Digitalisierung hat mit dem "Navigator Bildung Digitalisierung" eine Übersichtsstudie zum Stand der digitalen Transformation an deutschen Schulen vorgelegt. Die Studie basiert auf der Analyse wissenschaftlicher Arbeiten zur Schuldigitalisierung im Zeitraum von Juli 2021 bis Januar 2024. Die Ergebnisse zeigen, dass es vielen der Arbeiten an Praxistransfer mangelt, in Deutschland kein gemeinsames Zielbild für die digitale Transformation existiert, Aspekte der Chancengerechtigkeit nur selten berücksichtigt werden und ein transformationsorientiertes Bildungsmonitoring fehlt.
Ausgehend von diesem Ist-Stand identifiziert die Studie 21 Bereiche, in denen Veränderungsprozesse relevant sind, aufgeteilt auf die Handlungsfelder "Haltung zur Kultur der Digitalität", "Digital-förderliche Rahmenbedingungen" sowie "Digital-didaktische Konzepte und Qualifizierung". Der Navigator soll als Orientierungsrahmen dienen und die Diskussion anregen, wie die digitale Transformation der Schulen vorangebracht werden kann. Vertreter aus der Praxis sehen im Navigator eine wertvolle Unterstützung, um den Transformationsprozess zu strukturieren, den Blick zu erweitern und den Austausch zwischen allen Beteiligten zu fördern.
In der heutigen Zeit ist neben dem pädagogischen Konzept auch ein Digitalisierungskonzept unabdingbar. Und die Studie macht deutlich, dass die Digitalisierung der Schulen mehr erfordert als eine bloße Bereitstellung technischer Infrastruktur. Es geht darum, eine gemeinsame Vision zu entwickeln, wie die Schule der Zukunft aussehen soll und welche Rolle digitale Medien und Technologien dabei spielen können. Dafür braucht es ein Umdenken auf allen Ebenen – von der Haltung der Beteiligten über die Rahmenbedingungen bis zu didaktischen Konzepten und Qualifizierungsmaßnahmen. Damit eben keine “Digitalisierung um ihrer selbst willen” stattfindet, sondern diese sinnvoll in einen holistischen Ansatz eingebettet wird.
Hier finden Sie den Link zum Navigator. Lassen Sie sich die Ergebnisse doch mal von ChatGPT zusammenfassen. Und fragen Sie die KI bei der Gelegenheit gleich, wie ein strukturierter Umsetzungsplan für Ihre Schule aussehen könnte.
Psychische Gesundheit an Schulen: “Wir erleben bei den Schülern viel Redebedarf” // tagesschau.de
Seit einem Jahr sind bundesweit mehr als 80 Mental Health Coaches an Schulen im Einsatz, um Schülerinnen und Schüler bei Themen der mentalen und psychischen Gesundheit zu unterstützen. Das vom Bundesfamilienministerium initiierte Modellprojekt "Sagen, was ist. Tun, was hilft." stellt dafür zehn Millionen Euro bereit. Die Coaches gestalten präventive Angebote, klären über mentale Gesundheit auf und stehen für Einzelgespräche zur Verfügung. Ziel ist es, die Resilienz der Jugendlichen zu stärken. Häufige Themen sind Depressionen, Ängste und Suizidgedanken. Eine erste Evaluation zeigt, dass das Programm gut angenommen wird und sich 90 Prozent der Beteiligten eine Weiterführung wünschen. Kritisiert wird die kurzfristige Finanzierung, die Unsicherheiten schafft. Familienministerin Paus ist zuversichtlich, das Projekt weiterführen zu können, macht aber keine konkreten Angaben über eine mögliche Ausweitung. Der Bedarf an Unterstützung scheint groß, da mindestens jeder fünfte Jugendliche psychische Probleme hat.
Die mentalen Belastungen für junge Menschen sind vielfältig: Klimawandel, Isolation durch soziale Medien, aufflammende Kriege und die Nachwirkungen der Corona-Lockdowns beschäftigen viele von ihnen. Auch die rasante gesellschaftliche Veränderung durch Künstliche Intelligenz trägt ihren Teil dazu bei und wird in Zukunft weitere Belastungen schaffen. Resilienz und mentale Stärke werden damit zu Schlüsselkompetenzen, um den Anforderungen der Zukunft begegnen zu können.
Die Arbeit der Mental Health Coaches zeigt, wie dringend notwendig ein niedrigschwelliges Angebot an Schulen ist. Viele Jugendliche haben offenbar niemanden, dem sie sich mit ihren Sorgen und Ängsten anvertrauen können. Hier schafft das Programm einen geschützten Raum, in dem Schülerinnen und Schüler offen über ihre Probleme sprechen und Unterstützung erhalten können. Gleichzeitig setzen die Coaches mit ihrer präventiven Arbeit an der Wurzel an, indem sie die Jugendlichen dabei unterstützen, ihre Stärken zu erkennen und Strategien zur Stressbewältigung zu entwickeln.
Interessanterweise scheint es an den Preisträgerschulen des deutschen Schulpreises keinen großen Bedarf an derartigen Angeboten zu geben, denn hier hat man ohnehin jederzeit ein offenes Ohr für die Kinder. Aber ist es wirklich so erstaunlich, dass Freude am Lernen und mentale Stärke Hand in Hand gehen?
Burnout-Gefahr durch KI? // the-decoder.de
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen und verspricht, Mitarbeiter von monotonen Aufgaben zu befreien und ihre Eigenverantwortung zu stärken. Eine Umfrage des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft zeigt, dass 57 Prozent der Befragten KI als hilfreich empfinden, um sich auf interessantere Aufgaben konzentrieren zu können. Jedoch warnt das Upwork Research Institute vor unrealistischen Erwartungen der Führungskräfte an die Produktivitätssteigerung durch KI. Fast die Hälfte der Mitarbeiter weiß nicht, wie sie diese Erwartungen erfüllen soll, und 77 Prozent berichten von erhöhter Arbeitsbelastung durch KI-Tools. Nur 26 Prozent der Unternehmen haben KI-Schulungsprogramme implementiert und nur 13 Prozent verfügen über eine gut umgesetzte KI-Strategie. Der Autor betont, dass der Einsatz von KI bewusst und mit Unterstützung und Schulung der Mitarbeiter erfolgen muss, um die Balance zwischen technologischer Innovation und menschlicher Gesundheit zu wahren.
Der unreflektierte Einsatz von KI am Arbeitsplatz kann offensichtlich zu Überforderung und Frustration führen, wenn die notwendigen Rahmenbedingungen nicht geschaffen werden. Hier sind Führungskräfte gefordert, ihre Erwartungen realistisch zu gestalten und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angemessen zu unterstützen. Dazu gehören Schulungen, klare Strategien und eine offene Kommunikation über die Möglichkeiten und Grenzen von KI. Das klingt nach dem, was wir im Schulkontext ständig predigen? Absolut richtig!
Und es zeigt auch, dass Arbeitgeber vor ähnlichen Herausforderungen stehen wie das Schulsystem – und dass wir auf eine Zukunft zusteuern, in der lebenslanges Lernen zur Selbstverständlichkeit wird. Jetzt müssen wir gezielt Voraussetzungen schaffen, die es den Mitarbeitern ermöglichen, sich in einem unterstützenden Umfeld weiterzuentwickeln. Der Fokus sollte dabei nicht ausschließlich auf der Nutzung von KI liegen, sondern auch auf der Wertschätzung der Mitarbeiter, der Schaffung eines gesunden Arbeitsumfeldes sowie der Förderung psychischer Gesundheit und Resilienz. Genau wie an den Schulen.
Neuigkeiten und Termine
16.10.2024 // Transformation als Chance: Schule im exponentiellen Zeitalter – Die disruptive Kraft der KI
Vortrag mit 6 Acherner Schulen09.10.2024 // Schule im exponentiellen Zeitalter – Die disruptive Kraft der KI
Vortrag an der Realschule Oberkirch und der August-Ganter-Schule02.10.2024 // Lernen im exponentiellen Zeitalter – Die disruptive Kraft der KI
Vortrag an der Hochschule der Medien in Stuttgart01.10.2024 // Pädagogischer Tag "KI und Schule" in der Gemeinschaftsschule Rust
Vortrag und KI-Befähigung der Lehrkräfte30.09.2024 // Pädagogischer Tag "KI und Schule" in der Sophie-von-Harder-Schule
Vortrag und KI-Befähigung der Lehrkräfte