Durchblick #48: Schulen im digitalen Umbruch – Neue Tools, neue Chancen
Updates für Bildung in einer exponentiellen Welt
Liebe Leser und Leserinnen,
willkommen zum neuen “Durchblick”. Die Integration von KI in den Schulalltag nimmt Fahrt auf. Das zeigen die jüngsten Empfehlungen der Kultusministerkonferenz und die Eröffnung des “KI-Zentrum Schule” in Heilbronn. Wie gehen Schulen mit dieser Entwicklung um? Welche Chancen bieten sich für den Unterricht und welche Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden?
Lassen Sie sich inspirieren, heute vom Schwerpunkt “Digitale Transformation im Bildungswesen – zwischen Vision und Realität”. Haben Sie noch Fragen oder Ideen? Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.
Lehrkräfte sind besorgt: Deutschland verliert Anschluss bei IT-Grundausbildung // t3n.de
Lehrkräfte in Deutschland fordern, dass Informatik ab der fünften Klasse zum Pflichtfach wird, da digitale Kompetenzen in den meisten Berufen relevant sind. 81 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer befürworten dies laut einer Bitkom-Befragung. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland bei der digitalen Bildung zurück und gehört zu den neun von 37 europäischen Ländern, die keine informatische Grundbildung garantieren können. Die Wirtschaft schlägt Alarm, da bis 2030 der Anteil der Arbeit mit technischem Wissen um bis zu 55 Prozent steigen wird und fehlende IT-Fähigkeiten negative Auswirkungen auf das Geschäft haben werden.
Eines wurde in den vergangenen Jahren immer deutlicher: Wenn sich Technologien exponentiell entwickeln und digitale Kompetenzen in nahezu allen Lebensbereichen relevant werden, kann informatische Bildung nicht länger als optionales Zusatzangebot behandelt werden. Die Integration digitaler Grundkompetenzen in den Pflichtkanon ist dabei mehr als nur Berufsvorbereitung – sie ist die Basis für eine informierte und selbstbestimmte Teilhabe an der digitalen Gesellschaft.
Während andere europäische Länder dies bereits erkannt und umgesetzt haben, riskiert Deutschland durch zögerliche Reformen einen wachsenden Kompetenzrückstand. Und dieser Rückstand wird mit jedem verschenkten Jahr schwieriger aufzuholen sein. Eine zeitgemäße Bildungspolitik muss digitale Kompetenzen als elementare Kulturtechnik neben Lesen, Schreiben und Rechnen etablieren.
Länder einigen sich auf Empfehlungen zum Umgang mit KI in Schulen // deutsches-schulportal.de
Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat Handlungsempfehlungen zum Umgang mit KI in Schulen veröffentlicht, die einen "konstruktiv-kritischen" Ansatz verfolgen. Die Empfehlungen umfassen fünf Kernbereiche: Didaktik, Prüfungskultur, Lehrerbildung, Regulierung und Chancengerechtigkeit. Anders als die Wissenschaftliche Kommission befürwortet die KMK den KI-Einsatz bereits in der Grundschule. Wichtige Aspekte sind die Anpassung der Prüfungsformate, die Integration von KI-Kompetenzen in die Lehrerausbildung und der Plan, ein eigenes, datenschutzkonformes Large Language Model für Schulen zu entwickeln. Besonderer Fokus liegt auf der Chancengerechtigkeit durch kostenlosen Zugang zu KI-Anwendungen.
Die KMK-Empfehlungen sind aus unserer Sicht ein wichtiger Fortschritt hin zu einer zeitgemäßeren Bildungspolitik. Besonders bemerkenswert ist der progressive Ansatz, KI bereits für den Einsatz in der Grundschule zu empfehlen. Im richtigen Maß kann dies durchaus angemessen sein, denn die Kinder werden ohnehin immer früher mit KI konfrontiert, weshalb ein begleiteter, reflektierter Umgang sinnvoller erscheint als strikte Verbote.
Zukunftsweisend ist auch der Fokus auf neue Prüfungsformate, die die "Koaktivität" mit KI bewerten sollen. Dies entspricht der Realität einer Arbeitswelt, in der der kompetente Umgang mit KI-Systemen und die Fähigkeit, produktiv und ethisch mit ihnen zu interagieren, zur Schlüsselqualifikation wird.
Künstliche Intelligenz im Unterricht: „KI-Zentrum Schule“ verspricht Lehrkräften praktische Unterstützung // news4teachers.de
In Heilbronn wurde das "KI-Zentrum Schule" eröffnet, das Lehrkräften praktische Unterstützung beim Einsatz von KI im Unterricht bieten soll. Das Zentrum, getragen vom Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und der Dieter Schwarz Stiftung, will praxisnahe Fortbildungen, Anwendungsbeispiele und Unterrichtskonzepte entwickeln. Ziel ist es, Schulen bei der datenschutzkonformen und lernwirksamen Implementierung von KI-Tools zu unterstützen. Das Zentrum soll als Katalysator für KI-Anwendungen in der schulischen Bildung dienen und sich breit mit Wirtschaft, Wissenschaft und Stiftungen vernetzen.
Mit der Gründung des KI-Zentrums Schule ist ein notwendiger Schritt von der Theorie in die Praxis vollzogen worden. Denn bloße Handlungsempfehlungen reichen nicht mehr aus – es braucht konkrete Unterstützungsstrukturen, die Lehrkräfte bei der Integration von KI in den Unterricht begleiten.
Besonders interessant ist der gewählte Standort am Innovationspark Künstliche Intelligenz. Diese direkte Nähe zur KI-Expertise aus Wirtschaft und Forschung wird ein wichtiger Standortvorteil sein. Denn der unmittelbare Austausch zwischen Bildungspraxis und KI-Experten ermöglicht es, neue Entwicklungen schnell zu erfassen und pädagogisch nutzbar zu machen.
Die große Herausforderung wird sein, dabei die Balance zwischen Innovation und pädagogischer Sorgfalt zu wahren. Das Zentrum muss gleichzeitig Innovationstreiber und kritischer Reflexionsraum sein. Eine spannende Aufgabe in einem Umfeld, in dem nahezu täglich Innovationssprünge verzeichnet werden.
Mit Copilot von Microsoft: Berliner Lehrer bereiten Unterricht jetzt mit künstlicher Intelligenz vor // tagesspiegel.de
Berlin stellt seinen Lehrkräften ab sofort den KI-Assistenten "Microsoft Copilot" zur Unterrichtsvorbereitung zur Verfügung. Es ist damit eines von 13 Bundesländern, die in ihren Schulen bereits generative Künstliche Intelligenz bereitstellen. Der Assistent greift auf ChatGPT 4.0 zu und soll den Lehrern viel Zeit bei der Planung ersparen. Bereits 2800 Lehrkräfte haben sich für Fortbildungen angemeldet, die Nutzung ist jedoch freiwillig. Die genaue Anzahl der Nutzer ist nicht bekannt, da Personalvertreter eine Erstellung von Nutzungsprofilen verhindern wollen. Die Schulverwaltung nutzt die KI auch als Anreiz, um mehr Lehrer zur Nutzung ihrer Dienstgeräte zu bewegen. Allerdings scheint die Landesdatenschutzbeauftragte nicht über die Einführung informiert worden zu sein.
Die Einführung des Microsoft Copilot an Berliner Schulen offenbart ein interessantes Paradoxon der digitalen Transformation im Bildungsbereich: Während Lehrkräfte einerseits mehr Digitalisierung und verpflichtenden Informatikunterricht fordern, verweigern viele die Nutzung ihrer Dienstgeräte. Diese scheinbare Diskrepanz lässt sich jedoch erklären: Ein Dienstgerät allein schafft keinen Mehrwert. Erst die Kombination aus sinnvollen Anwendungen, passender Infrastruktur und gezielten Fortbildungen macht digitale Tools zu wertvollen Unterrichtswerkzeugen.
Die KI-Assistenten könnten nun für viele Skeptiker erstmals diesen echten Mehrwert liefern und als "Türöffner" für eine breitere Akzeptanz der Digitalisierung fungieren. Allerdings nur, wenn die notwendigen Rahmenbedingungen stimmen: von der technischen Infrastruktur über Datenschutzkonzepte bis hin zu praxisorientierten Fortbildungen.
Praxisbeispiele: Wie ChatGPT bei der Unterrichtsvorbereitung helfen kann // deutsches-schulportal.de
Drei Lehrkräfte berichten hier von ihren praktischen Erfahrungen mit ChatGPT in der Unterrichtsvorbereitung. Ein Lehrer nutzt die KI zur Entwicklung eines digitalen Lernbüros für den Deutschunterricht, eine Lehrerin generierte spontan eine kreative Mathe-Aufgabe mit Pokémon-Karten zum Bruchrechnen, und ein Geschichtslehrer verwendet ChatGPT als kreativen Sparringspartner für Unterrichtsideen und zur Erstellung von Rollenspielen. Die Erfahrungen zeigen, dass KI besonders bei der Materialerstellung Zeit spart und kreative Impulse liefert. Wichtig sind dabei präzise Prompts und die Überprüfung der generierten Inhalte.
Wir empfehlen sehr, sich diesen Artikel genauer anzuschauen. Insbesondere den beispielhaften “System-Prompt” am Ende des Beitrags. Die Praxisbeispiele illustrieren gut, wie KI den Lehrerberuf transformieren kann. Besonders bemerkenswert ist der Wandel von der reinen Materialerstellung hin zur ko-kreativen Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine. ChatGPT ersetzt hier nicht die Lehrkraft, sondern dient als intelligenter Assistent, der ihre pädagogische Expertise ergänzt.
Die Beispiele zeigen auch einen wichtigen Paradigmenwechsel: Statt standardisierter Materialien aus Lehrbüchern können nun individualisierte, auf die jeweilige Lerngruppe zugeschnittene Unterrichtsmaterialien erstellt werden. Dies ermöglicht eine neue Form der Differenzierung und Personalisierung des Lernens.
Vergesst Chatbots: KI kann hören, sehen und kreieren wie nie zuvor // t3n.de
Der Artikel beschreibt die neueste Entwicklung von KI-Systemen, über textbasierte Chatbots hinaus zu multimodalen Anwendungen. Vorgestellt werden verschiedene Innovationen: Googles NotebookLM mit der Audio-Overview-Funktion zur KI-Podcast-Erstellung, Metas MovieGen für Text-zu-Video-Konvertierung, OpenAIs neue Canvas-Schnittstelle für verbesserte Zusammenarbeit und Googles multimodale Suchfunktionen. Diese Entwicklungen zeigen einen Trend zu interaktiveren, vielseitigeren KI-Systemen, die gleichzeitig Text, Bild, Video und Audio verarbeiten können. Dabei entstehen oft unerwartete Erfolge, wie die virale Verbreitung der Audio-Overview-Funktion zeigt.
Die fortschreitende Evolution der KI-Systeme von reinen Textbots zu multimodalen Assistenten eröffnet gänzlich neue Möglichkeiten für das Lehren und Lernen.
Besonders interessant ist die Demokratisierung der Contentproduktion: Wenn Lehrkräfte und auch Lernende mit wenigen Prompts professionell wirkende Podcasts, Videos und interaktive Materialien erstellen können, verschiebt sich der Fokus vom "Wie" zum "Was" – von der technischen Umsetzung zum pädagogischen Konzept.
Der "unerwartete Erfolg" mancher Funktionen zeigt jedoch auch, dass wir erst am Anfang stehen, das volle Potenzial dieser Technologien zu verstehen. Insbesondere auch im Bildungskontext. Wir bewegen uns alle auf Neuland, was inspirierend, aber auch beängstigend sein kann. Machen Sie den ersten Schritt und probieren Sie eine der vorgestellten KI-Anwendungen in Ihrem Unterricht aus. Und vergessen Sie nicht: Auch die größten Innovationen beginnen mit kleinen Experimenten.
Neuigkeiten und Termine
14.11.2024 // Willkommen im exponentiellen Zeitalter – Die disruptive Kraft der künstlichen Intelligenz
Vortrag bei der Gemeinde Rust06.11.2024 // Lernen im exponentiellen Zeitalter – Die disruptive Kraft der künstlichen Intelligenz
Vortrag an der Evangelischen Fachschule für Sozialpädagogik in Lahr