willkommen zum neuen “Durchblick”. Während Schulleitungen bereits KI-Assistenten nutzen und EdTech-Unternehmen um Marktanteile kämpfen, mahnen Bildungsexperten: Echte Transformation braucht mehr als Technologie. Sie fordern einen Paradigmenwechsel – weg von der reinen Digitalisierung, hin zu einer Schule, die Freude, Gemeinschaft und emotionales Lernen in den Mittelpunkt stellt. Wie können wir technologischen Fortschritt und menschliche Bedürfnisse in Einklang bringen? Welche Rolle spielen dabei strukturelle Hindernisse im deutschen Bildungssystem? Und was macht eine zukunftsfähige Schule eigentlich aus?
Lassen Sie sich inspirieren, heute vom Schwerpunkt “Der Mensch im Mittelpunkt der digitalen Transformation” Haben Sie noch Fragen oder Ideen? Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.
Die "Zukunftsstudie Schulmanagement 2024" von Wolters Kluwer zeigt, dass bereits 44 Prozent der Schulleitungen und 20 Prozent der Schulträger KI-Anwendungen im Arbeitsalltag nutzen. Hauptsächlich wird KI für administrative Aufgaben eingesetzt. Als größte Hindernisse werden mangelndes Wissen (61 Prozent der Schulleitungen, 63 Prozent der Schulträger) und rechtliche Unsicherheiten (45 Prozent der Schulleitungen, 51 Prozent der Schulträger) genannt. Die Selbsteinschätzung der KI-Kompetenzen fällt bei beiden Gruppen niedrig aus (Schulleitungen: Note 3,47, Schulträger: Note 4,50). Es besteht großer Bedarf an Unterstützung, besonders bei der Prompt-Erstellung (Schulleitungen) und Sicherheitsaspekten (Schulträger). Die digitale Kommunikation wird durch mangelnde Nutzungskompetenzen und Datenschutzaspekte erschwert.
Die Studie verdeutlicht, dass KI-Anwendungen zunehmend Einzug in den Schulalltag halten, gleichzeitig aber noch große Unsicherheiten bestehen. Es fehlen vor allem klar definierte Konzepte und Prozesse zur Einführung von neuen Konzepten und Technologien.
Dabei darf eines nicht vergessen werden: Dass der Einsatz von KI kein Selbstzweck ist, sondern immer pädagogischen Zielen dienen muss. Es gilt, einen sinnvollen Mittelweg zwischen Tradition und Innovation zu finden und digitale Technologien nur dort einzusetzen, wo sie einen echten Mehrwert bieten.
Der "Navigator Bildung Digitalisierung" (Navigator BD) ist ein wissenschaftlich erarbeiteter Orientierungsrahmen des Forums Bildung Digitalisierung, der Schulen bei der digitalen Transformation unterstützt. Im Interview berichtet die Schulleiterin Anna Fröhlich von der praktischen Anwendung des Navigators an ihrer Grundschule. Die Schule nutzt bereits zu 95 Prozent digitale Werkzeuge, darunter eine zentrale Kommunikationsplattform und verschiedene Management-Tools. Der Navigator BD hilft dabei, den Transformationsprozess in überschaubare Schritte zu unterteilen und ermöglicht eine systematische Evaluation des Entwicklungsstands. Besonders wertvoll ist die wissenschaftliche Fundierung des Tools sowie die Möglichkeit, Schulentwicklung partizipativ und bedarfsorientiert zu gestalten.
Der Navigator BD zeigt exemplarisch, wie der oft als überwältigend empfundene Digitalisierungsprozess in handhabbare Schritte zerlegt werden kann. Besonders bemerkenswert ist der ganzheitliche Ansatz, der nicht nur technische Aspekte, sondern auch kulturelle und pädagogische Dimensionen berücksichtigt.
Das Interview offenbart einen wichtigen Aspekt der Bildung im exponentiellen Zeitalter: Die Notwendigkeit von "Übersetzungswerkzeugen" zwischen theoretischen Anforderungen und praktischer Umsetzung. Dabei wird deutlich, dass erfolgreiche digitale Transformation weniger eine Frage der Technologie ist, sondern vielmehr eine der Organisationsentwicklung und Führungskultur.
David Klett, Vorstand der Ernst Klett AG, beschreibt im Interview die aktuelle Situation der Bildungsmedien in Deutschland. Trotz Digitalisierung bleibt das gedruckte Schulbuch erstaunlich stabil. Mit nur 50 EUR pro Schüler pro Jahr liegt Deutschland bei den Ausgaben für Bildungsmedien deutlich hinter Ländern wie Finnland (250 EUR) oder den Niederlanden (300 EUR). Die deutsche Bildungslandschaft zeichnet sich durch eine besondere Komplexität aus, mit vielen ergänzenden digitalen "Kranzprodukten". KI wird zunehmend in Bildungsmedien integriert, wobei der Fokus auf individuellem Feedback liegt. Als Haupthindernisse für die digitale Transformation werden mangelnde Infrastruktur und begrenzte finanzielle Mittel genannt.
Das Interview macht klar, dass einerseits ein hochkomplexer Bildungsmedienmarkt mit vielfältigen digitalen Angeboten existiert, andererseits aber grundlegende Voraussetzungen wie flächendeckendes Breitband-Internet und ausreichende Budgets für moderne Lernmittel fehlen.
Kletts Aussage "Schule ist eine soziale Veranstaltung" verdeutlicht dabei einen wichtigen Aspekt: Die digitale Transformation darf nicht zum Selbstzweck werden, sondern muss pädagogisch sinnvoll in den Unterricht integriert werden. Es geht nicht darum, traditionelle Medien vollständig zu ersetzen, sondern vielmehr darum, die Vorteile verschiedener Medienformate intelligent zu kombinieren und dabei die sozialen Aspekte des Lernens nicht aus den Augen zu verlieren.
Der Artikel analysiert die Herausforderungen des deutschen Bildungsmarktes, insbesondere für EdTech-Unternehmen und Newcomer. Trotz optimistischer Stimmung aufgrund des 20-Milliarden-Euro-Startchancen-Programms und des geplanten Digitalpakts 2.0 (5 Milliarden Euro) gilt der Bildungsmarkt als einer der härtesten in Deutschland. Haupthindernisse sind die föderale Struktur mit 16 Bundesländern, komplexe Entscheidungsprozesse, unterschiedliche Interessengruppen (Lehrkräfte, Schulleitungen, Schulträger, Verwaltungen) und bürokratische Hürden. Zudem erschweren politische Unstimmigkeiten zwischen Bund und Ländern die Planungssicherheit für Unternehmen.
David Klett erwähnte im vorherigen Artikel bereits die “digitalen Kranzprodukte”, die rund um die Schulbücher entstanden sind. Dazu gehören auch mehr und mehr KI-Anwendungen. Doch um diese Innovationen mit der notwendigen Geschwindigkeit an die Schulen zu bringen, fehlt es aktuell an den richtigen Rahmenbedingungen. EdTech-Unternehmen benötigen viel Durchhaltewillen und Idealismus, um zu einem wirtschaftlichen Erfolg zu kommen.
Etablierte Strukturen und Anbieter dominieren den Markt, während innovative Lösungen es schwer haben, Fuß zu fassen. Im exponentiellen Zeitalter braucht es jedoch dringend neue Ansätze für eine zeitgemäße Bildung. Eine mögliche Lösung könnte in der Schaffung von "regulatorischen Sandkästen" liegen, in denen innovative Bildungslösungen unter vereinfachten Bedingungen getestet werden können, bevor sie in das Gesamtsystem integriert werden.
Harald Lesch und Klaus Zierer beschreiben in ihrem Buch "Gute Bildung sieht anders aus" ihre Vision einer zeitgemäßen Schule. Sie definieren fünf zentrale Aspekte für eine Schule der Freude: gute Gründe (sinnhaftes Lernen), Gefühle (emotionale Einbindung), Gestaltung (aktive Teilhabe), Gelingen (herausfordernde Erfolgserlebnisse) und Gemeinschaft (kooperatives Lernen). Die Autoren plädieren für einen Wandel von einem reinen Lernort zu einem ganzheitlichen Bildungsraum, in dem nicht nur Wissen vermittelt, sondern der Mensch in seiner Gesamtheit angesprochen wird.
Bei allem Fokus auf Digitalisierung und KI stellt sich auch immer wieder die Frage: Was ist wirklich wichtig? Denn Technologie ist nur ein Mittel zum Zweck. Wir empfehlen dringend, sich das im Artikel eingebettete Video anzusehen. Denn wir glauben, dass Harald Lesch dort auch vielen Lehrkräften aus der Seele spricht.
Der beschriebene Wandel vom "Lernort" zum "Bildungsraum" entspricht dabei der notwendigen Transformation von einer auf Wissensvermittlung fokussierten Schule zu einem Ort der ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung.
